GJE - persönliche Rezension

Vorwort: Jeder hat anhand seiner eigenen persönlichen Entwicklung und auch gemachten religiösen Erfahrungen wahrscheinlich einen ganz anderen Zugang zu dem Gesamtwerk von Jakob Lorber und im Besonderen zu seinem Großen Johannes Evangelium. Das was ich daher hier niederschreibe sei ausdrücklich als meine eigene Sichtweise dargestellt. Ich schreibe dies als einer, der schon als Kind mit den Lebensweisheiten der Bibel vertraut war und diese auch immer wieder im täglichen Leben gefunden hat. Das Große Johannes Evangelium von Jakob Lorber habe ich erst in den reifen Jahren meines Lebens kennengelernt und habe es wie nicht viele andere religiöse Schriften über einige Jahre intensiv studiert. Eine Frage, die mich immer wieder tief beschäftigt ist, wie oder was ist das Göttliche und wie hat seine Menschwerdung den Fortgang der Geschichte beeinflusst. Um einen seriösen Überblick zu bekommen, muss man das feste Korsett einer Religion verlassen und sich um eine Gesamtschau bemühen. "Der Grosse Konflikt" von Ellen Gould White ist hier als ergänzende Literatur genauso zu erwähnen wie die 10 Bände von Karlheinz Deschner "Kriminalgeschichte des Christentums". Um die Entstehung des Islam zu verstehen, sind die ersten beiden Bände von Deschner bedeutsam. Da Jakob Lorber in seinem Großen Johannes Evangelium vom Leben Jesu schreibt, galt es das Jesus/Christus-Bild auch bei Ellen Gould White (Der Messias) zu studieren. Um bei Jesu zu bleiben, wird im folgenden nur auf diese beiden Werke weiter eingegangen.

Wie man es kennt, das Papier ist geduldig und geschrieben ist bald etwas, was dabei allerdings wahr ist, steht auf der nicht geschriebenen Rückseite. Um es kurz zu machen – wer die Bibel kennt braucht keinen „Der Messias“ von Ellen Gould White zu lesen mit ihren - wie bei den Zeugen Jehovas - zitierten Bibelstellen und vielleicht noch auf Kindergartenniveau gehaltenen Kommentaren. Wenn man so möchte, Ellen Gould White hat mit ihrem Werk aus der Bibel einen Roman gemacht, der vielleicht zum Vorlesen im Kindergarten geeignet ist. Ihr Werk „Der Grosse Konflikt“ ist um Unvergleichliches besser und gibt den 7-Tage Adventisten vielleicht auch einen Anteil am Heilsplan Gottes. Was von ihren angeblichen Visionen bleibt, ist schwer zu beurteilen. Leider gibt es auch bei Jakob Lorber Stimmen, die behaupten, dass die Werke von Jakob Lorber Wort für Wort von Gott diktiert wurden. Das Leben ist leider etwas komplizierter als sich viele Menschen wünschen! Gott könnte Bücher fehler- und makel-frei in großer Zahl den Menschen zukommen lassen und bräuchte dazu sicher keine Schreibmaschine, die Jakob Lorber in diesem Fall wohl nur gewesen wäre. Man kann viele Jahre darüber debattieren, wie das wirklich gewesen ist, ohne dabei einen einzigen Schritt weiter zu kommen - ich möchte auf diese Debatte nicht weiter eingehen.

Ich konnte bei mir drei Stufen des Lesens und Verstehens des „Großen Johannes Evangeliums“ feststellen:

  1. Wie das Johannes Evangelium der Bibel beginnt Jakob Lorber mit der Bibelstelle „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott ...“. Viele Worte werden dann darauf verwendet, diese Worte zu deuten und zu erklären. Jeder der die Bibel kennt und versteht, wird dies auf „seine“ Weise verstehen und auch deuten. Die Bibelstelle ist klar und wer sie nicht klar versteht, dem helfen auch viele Worte nicht. Jakob Lorber nimmt zu Beginn immer wieder auf die Bibel Bezug, was nicht hilfreich ist und das Verstehen der Eigenständigkeit dieses Werkes anfangs sehr erschwert. Man muss sich von der Bibel lösen und sehen, dass hier ein anderes Bild von Jesus, das nicht auf den Kreuzestod und die Auferstehung fixiert ist, gezeichnet wird.
  2. Hat man sich von den Vorstellungen der Bibel gelöst und sich einem neuen Jesusbild geöffnet, stößt man sich an den vielen Wundern, die Jesus in diesem Werk wirkt. Jesus wird hier als sehr vernünftiger und alle Erscheinungen der Welt auf natürliche Weise erklärenden Menschen gezeichnet, dessen magische Fähigkeiten, aber alle Verständlichkeit missen lassen. Es ist ein großer Widerspruch zwischen dem, was alles auf natürliche Weise erklärt wird und dem, was und wie Jesus wirkt. Man glaubt ein Märchenbuch zu lesen, das mit einigen vernünftigen Aussagen sich den Anschein der Seriosität geben möchte. Wenn man sich dem „vernünftigen“ Teil öffnet, sind die Wunder sehr störend - ein Konflikt, den ich lange bei diesem Werk nicht überwinden konnte.
  3. Ja – Gott wirkt täglich viele Wunder. Wann und wo und vor allem warum Gott Wunder wirkt, ist eine eigene Wissenschaft. Jesus selbst hat nie irgendwelche Wunder gewirkt, sondern Gott hat viele Wunder durch Jesus gewirkt. Das zu Verstehen ist eine Königsdisziplin und es ist ein großes Verdienst dieses Werkes mir selbst eine sehr kleine bescheidene Ahnung darüber geöffnet zu haben. Ein Wunder ist auch immer ein Gericht, warum Gott diese auch nur in kleinen „Dosen“ den Menschen verabreicht. Die Kreuzigung und Auferstehung Jesus ist und wurde zum größten Gerichtsurteil für jeden Menschen!

Das GJE ist das Lebenswerk von Jakob Lorber und er hat daran bis zu seinem Tod geschrieben. Ihm wurde die Gnade zu teil, sich als Mystiker weit über den üblichen „Kindergartenglauben“ zu entwickeln. Es ist als ob man ein Kinderbuch wie „Der Messias“ (von Ellen Gould White) mit einem „Faust“ von Goethe vergleichen wollte. Nein – Jakob Lorber wurden die Werke nicht Wort für Wort diktiert, sondern er hatte als Mystiker von Gott tiefe Einblicke in das Wesen der gesamten Schöpfung erhalten, die er auf seine Weise niedergeschrieben hat. Besonders berührend ist der Schluss. Als letzten Wirten kehrt Jesus bei ihm selbst d.h. bei Jakob Lorber ein. Lorber selbst hat dabei wahrscheinlich nicht geahnt, dass er selbst diese Person ist und dass er mit diesem letzten Wirten sein irdisches Leben beenden wird.

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